Der Schmetterlingsbaum by Urquhart Jane

Der Schmetterlingsbaum by Urquhart Jane

Autor:Urquhart, Jane
Die sprache: deu, deu, deu
Format: epub
Tags: Roman, Belletristik, Gegenwartsliteratur ab 1945, Kanada
Herausgeber: Bloomsbury Publishing
veröffentlicht: 2012-03-06T16:00:00+00:00


Wie ich schon sagte, erzählte mein Onkel sehr gern von den abgezweigten Leuchtturmwärtern in unserer Familie, den Wächtern der »Lichter« Irlands und den späteren, im neunzehnten Jahrhundert folgenden amerikanischen Wärtern, wie er sagte, obwohl die meisten von ihnen letztlich nach Kanada auswanderten und sich gar nicht weit von der Farm, auf der ihre Geschichten erzählt wurden, niederließen. »Geborene Amerikaner«, pflegte er zu sagen, falls jemand wagte, ihn in diesem Punkt zu korrigieren, »kamen nur besiegt hierher.« Meine Mutter, die gemeinsam mit ihrem Bruder die vorhergehende Generation Erwachsener dieselben Geschichten hatte erzählen hören, ist nach wie vor der Überzeugung, dass die amerikanischen Leuchttürme größer und schöner gewesen seien als die kanadischen – heller, weißer, bei Unwettern weiter strahlend, effektiver und ihre Wärter, bis auf eine bemerkenswerte Ausnahme, zuverlässiger. Die irisch-amerikanischen Farmer unter den Butlers besaßen anscheinend ähnliche Gaben. Sie waren größer und stärker, hatten bessere Pferde, mehr Söhne, weniger Missernten, ansprechendere Häuser, und sie waren wehrhaft in jeder Hinsicht. Sie hatten ein gedeihliches und einträgliches neunzehntes Jahrhundert, ihr Leben verlief an ruhigeren Gewässern, auf üppigerem Boden, in dem sie schon feste Wurzeln geschlagen hatten, als ihre oberkanadischen Brüder noch Holz fällten und Brunnen aushoben und notdürftige Behausungen aus dem Boden stampften. »Ausgenommen unser schönes Steinhaus«, pflegte sie hinzuzufügen, »errichtet von meinem Ururgroßvater, der trotz seiner unsinnigen Treue«, womit sie seine Loyalität gegenüber der Krone meinte, »zumindest in puncto Unterbringung seiner Familie ein gewisses Maß an Vernunft bewies.«

Auf der Nordseite des Sees ist vom neunzehnten Jahrhundert kaum noch etwas übrig. Die letzten Scheunen unseres Ortes sind heute nur noch Skelette: Die elegante Konstruktion aus Balken und Sparren liegt blank, dazwischen klaffen Lücken, die einmal die Einfahrtstore waren, und manchmal liegt auf einem eingebrochenen Heuboden noch eine letzte Heuernte, vor Jahren von einem Farmer eingefahren, der entweder aufgegeben hat oder gestorben ist oder beides. Manchmal hängt auch noch ein Ochsenjoch oder Zuggeschirr an einer Bretterwand, die wohl einmal zu einem Stall gehört hat. Diese Geräte, einst fester Bestandteil des landwirtschaftlichen Alltags, sind nutzlos geworden, bloße Kuriositäten, und scheinen fast mit dem verfallenen Gebäude verwachsen zu sein, einfach weil sie so lang nicht bewegt oder berührt wurden. Die meisten alten Fachwerkhäuser wurden durch neuere Modelle ersetzt oder abgerissen und gar nicht ersetzt und ihr Fundament unter die Riesenfelder der industrialisierten Massenviehhaltung gepflügt. Andere, kleinere Felder verwandeln sich in Buschland zurück, wenn die Agroindustrie keine Verwendung für sie findet und kein Bauunternehmer ein Auge auf sie geworfen hat. Und aus den Läden und Geschäften in den Dörfern, die es in meiner Kindheit noch gegeben hat, sind entweder Boutiquen oder Pizzalieferanten geworden, oder sie sind gänzlich verlassen, die Fenster vernagelt, die Schilder über der Tür verblasst.

Was bleibt, ist ein Gitter aus Straßen, das vor zweihundert Jahren von dem Großgrundbesitzer Colonel Talbot begonnen und von einem Landvermesser namens Mahon Burwell, den Talbot eigens damit beauftragt hatte, fertiggestellt wurde. Burwell zog mit seinen Leuten und seinen Instrumenten durch die Wildnis, stattete das Gebiet, das damals der Essex-Kent District war, mit drei verschiedenen Straßen aus und teilte es in



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